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Der Gang des Menschen
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Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen nutzten die „Pioniere der physikalischen Physiologie“ nicht nur für physiologische und anatomische Anwendungen, sondern sie vermittelten auch Hinweise zum Marschieren, für das Gewerbe und die Künste. Insbesondere die Ausbildung im Zeichen in den Malschulen sollte eine weitere Fundierung erhalten Fortgesetzt wurden diese Arbeiten von einem Neffen Wilhelm Webers, dem Leipziger Anatomen Wilhelm Webers, dem Leipziger Anatomen Wilhelm Braune (1831 Zuvor hatten sie den typischen Wanderschritt mit Probanden vom 8. Infanterieregiment Prinz Johann Georg Nr. 107 auf einem 1 km langen Waldweg in der Nähe von Leipzig analysiert. Dabei beachteten sie auch die von Vierordt mit seinem Abdruckverfahren ermittelten Asymmetrien im Verhalten der beiden Beine während des Gehens. |
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Abb. rechts oben: Bildliche Darstellung des Gehens und des Eillaufs (aus „Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge“, 1836) Abb. links unten: Successive Stellungen des rechten Beins im Verlauf eines Doppelschrittes nach Angabe der Brüder Weber (aus: „Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge“) |
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O. Fischer fand Grenzen der genannten Theorie und bestimmte den Anteil der Muskulatur als Energiequelle für die Beschleunigung bzw. Verzögerung des Unterschenkels. Zur Veranschaulichung seiner Ergebnisse benutzte der „Meister der Gelenk- und Muskelmechanik“ einen „Schwerpunktshampelmann“. Gemeinsam mit W. Braune hatte er auch 1885 zum ersten Mal eine Gelenkbewegung (und zwar die Bewegung der Speiche gegen die Elle) in streng mathematischer Weise untersucht. Die schon dreidimensionale Beschreibung der Gelenk- und Körperbewegung und die Millimetergenauigkeit der Messungen sind auch heute noch über alle Zweifel erhaben. Allerdings gibt es Zweifel an Fischer's Postulat eines Normalganges. Dies hat 1973 Otto Bock erhoben, denn dieses Normal steht der weiteren Analyse der Gangphänomene und der vermuteten Individualität des menschlichen Ganges entgegen. Bernstein (Moskau) entwickelte in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine breit gefächerte Technik zur kinematischen Messung. 1940 benutzte Scherb (Schweiz) zur Analyse der Muskeltätigkeit die Elektromyographie (EMG). 1953 gelang Saunders (Kalifornien) die Beschreibung des minimalen Energieumsatzes beim Gang des Menschen. 1965/66 erarbeitete Paul die erste konkrete Analyse der Kräfte im Hüftgelenk, im Knie und im Fußgelenk während des Gehens. In den 70er Jahren gab es große Verbesserungen in den Meßmethoden (Elektronik, Computertechnik). Im Werk „Das menschliche Gehen“ (1981) von Inman (Kalifornien) sind die neuen Entwicklungen auf dem Gebiet der Ganganalyse zusammengefaßt. 1991 erschien von Whittle eine populäre Einführung zu dieser Thematik, die „Gait Analysis“. |
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Abb. Meßgerät für den Verbrauch von Atemgasen (Luft oder reiner Sauerstoff) bei der Untersuchung des Stoffwechsels im Zusammenhang mit dem Gang des Menschen (Leihgabe vom Carl-Ludwig-Institut für Physiologie, Leipzig) |
© 2015 Dr. Uwe Renner |