Mathematische Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung

Von zentraler Bedeutung bei den Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen ist das Elementarereignis. Es ist das unmittelbare Ergebnis eines Versuches, z. B. „Kopf“ oder „Zahl“ beim Münzwurf oder die Augenzahl beim Würfel und kann nicht, im Gegensatz zu zusammengesetzten Ereignissen, durch andere Ereignisse dargestellt werden. Die Ereignisse lassen sich durch zufällige Größen bzw. Zufallsgrößen , wobei ein Element aus dem Raum der Elementarereignisse (Grundmenge) ist, etwa durch diskrete Zahlen wie die Augenzahl eines Würfels oder die Karte in einem Spiel, die kontinuierliche Wartezeit für den Sprung eines Teilchens aus eine Potentialtopf aber auch durch Vektoren wie den Ort beschreiben. Für ein konkretes Ereignis (Realisierung) wird der Wert mit der Wahrscheinlichkeit angenommen.
In den folgenden Ausführungen wird die klassische Wahrscheinlichkeitsdefinition verwendet, wonach die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Ereignisses durch gegeben ist. Es ist die Anzahl der für günstigen Versuchsausgänge (Elementarereignisse) und die Anzahl aller möglichen Elementarereignisse. Für die praktische Untersuchungen ist es zweckmäßig, die Wahrscheinlichkeit als Grenzwert der relativen Häufigkeit anzusehen. Nach dieser Häufigkeitsinterpretation ist wobei die Anzahl der Versuchsausgänge mit dem Ereignis ist, d. h. dessen absolute Häufigkeit und die Gesamtzahl der Experimente. Der Ausdruck wird als relative Häufigkeit von bei Versuchen bezeichnet. Sie ist ein Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit nach Definition (\ref{eq:URE:DefinitionWahrscheinlichkeit}↓). Die Wahrscheinlichkeit besitzt die Eigenschaft Für das unmögliche Ereignis (leere Menge) ist stets und für das sichere Ereignis (Gesamtmenge) ist stets . In Verbindung mit einer Ereignisalgebra , d. h. einem System von Teilmengen der Menge , die alle möglichen zusammengesetzten Ereignisse beschreibt, bezeichnet das Tripel den Wahrscheinlichkeitsraum. Für die zufällige Größe mit lässt sich die Verteilungsfunktion
definieren. Sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass Werte im Intervall annimmt und ist eine monoton nicht-fallende Funktion mit den Grenzeigenschaften und . Existiert die Ableitung von , so bezeichnet die Wahrscheinlichkeitsdichte bzw. Verteilungsdichte. Für diskrete zufällige Größen mit den endlich (oder abzählbar unendlich) vielen Werte und den Einzelwahrscheinlichkeiten gilt stets .
Von besonderer Bedeutung zur Charakterisierung sind die Erwartungswerte bestimmter Funktionen der Zufallsgröße , insbesondere ihre Potenzen bzw. die Momente. Der Erwartungswert (Mittelwert) oder oder auch bzw. das erste Moment der Zufallsgröße ist gegeben durch bzw. im Falle diskreter Ereignisse durch die mit der Wahrscheinlichkeit gewichtete Summe Allgemeiner sind die höheren Momente der Zufallsgröße in der Potenz gegeben durch bzw. im diskreten Fall durch Von Interesse sind auch die zentralen um den Mittelwert zentrierten Momente womit die Abweichungen von diesem Mittelwert bestimmt werden. Für physikalische Anwendungen, so in der Diffusionstheorie, ist das zweite zentrale Moment bzw. die Streuung (auch mittleres Schwankungsquadrat, mittlere quadratische Abweichung, Varianz oder Dispersion genannt) mit von besonderer Bedeutung. Die positive Quadratwurzel hieraus bezeichnet man als Standardabweichung.
Oftmals ist es vorteilhafter nicht die Wahrscheinlichkeitsdichte sondern ihre Fourier-Transformierte, d. h. die charakteristische Funktion  [A]  [A] Zur besseren Kennzeichnung transformierter Funktionen werden diese oftmals durch ein „Dach“, Tilden oder anderen Verzierungen versehen. mit der komplexzahligen Variablen , zu betrachten. Diese ist durch oder im diskreten Fall durch definiert. Man erhält hieraus spektrale Eigenschaften der Zufallsgröße .
Werden zwei oder mehrere Zufallsgrößen miteinander verglichen, so ist die Korrelation oder Kovarianz ein Maß für deren gegenseitige Abhängigkeit. Sind und zwei zufällige Größen mit den Erwartungswerten bzw. und der Verteilungsfunktion bzw. falls existent, der Wahrscheinlichkeitsdichte , so ist die Kovarianz durch mit der Symmetrieeigenschaft gegeben. Für diskrete zufällige Größen mit den Einzelwahrscheinlichkeiten und den Erwartungswerten bzw. ist diese durch gegeben. Im Falle von zufällige Größen, welche einen -dimensionalen zufälligen Vektor mit dem Erwartungswertevektor bilden, lässt sich allgemeiner die Kovarianzmatrix mit den Matrixelementen definieren. Ihre Diagonalelemente sind die Streuungen der zufälligen Größe .

Literaturverzeichnis

[1] Borowkow, A. A.: Wahrscheinlichkeitstheorie — Eine Einführung. Akademie-Verlag, Berlin, 1976.

[2] Gnedenko, B. W.: Lehrbuch der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Akademie-Verlag, Berlin, 1979.

[3] Rényi, A.: Wahrscheinlichkeitsrechnung mit einem Anhang über Informationstheorie. 6. Aufl., Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1979.

[4] Vojta, G.; Vojta, M.: Teubner-Taschenbuch der statistischen Physik. B. G. Teubner, Stuttgart, Leipzig, 2000.